Werte-Blog

Stimmrechtsnutzung: Da ist noch Luft nach oben!

13. September 2016
von Andreas W. Korth

Erfahrungsbericht über die praktische Stimmrechtsnutzung bei nachhaltigen Investmentfonds

Die besondere Herausforderung für Stimmrechtsnutzung liegt vor allem auch in dem sehr formalisierten Prozess der Stimmrechtsvertretung durch die Depotbanken begründet. Ohne die Unterstützung der Depotbank erhält ein Fondsmanagement bzw. deren Berater keinen Zugriff auf die Vertretung der Anteile in der Hauptversammlung. So ist die Depotbank des GOOD GROWTH FONDs, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA, nicht bereit, ohne konkrete Auflagen oder Beschränkungen für die Ausübung eine Stimmrechtsvertretung durch uns oder von uns beauftragten Dritten zuzulassen. Ein umfangreicher Schriftwechsel mit dem Vorstand brachte hier auch keine neuen Ergebnisse und zudem gewisse Zweifel, ob das Bankhaus sich prinzipiell der Verantwortung einer aktiven Stimmrechtsnutzung überhaupt stellen will.

Konstruktiv verliefen hingegen die Gespräche mit der Kapitalanlagegesellschaft des FondsSecure, der Hansainvest. Diese KAG nutzt selbst ein EDV gestütztes Stimmrechtsvertretungssystem von einem Drittanbieter, was schon auf ein gewisses Engagement und eine Investitionsbereitschaft für diese Thematik signalisiert. Unabhängig davon sind die KAG und die Depotbank UBS bereit, eine aktive Stimmrechtsnutzung ohne Auflagen zu gewähren. Wir haben in einem Pilotprojekt die Stimmrechtsvertretungsagentur VIP damit beauftragt, bei den Hauptversammlungen, die terminlich möglich waren und in der Schnittmenge der im FondsSecure direkt gehaltenen Aktien lagen, eine direkte Nutzung der Stimmrechte in unserem Sinne umzusetzen. Nachstehend lesen Sie den Bericht des VIP:

Bericht aus dem Pilotprojekt: Stimmrechtsnutzung für den FondsSecure Systematik

In den Hauptversammlungen der Fuchs Petrolub, Grenke Leasing und Wirecard hat VIP die Interessen von den Anlegern des FondsSecure Systematik vertreten. Dabei haben wir in angemessener Form zu Aspekten der sozialen Unternehmensverantwortung Stellung genommen, die Leistungen von Mitarbeitern und Organen der Gesellschaften gewürdigt und kritisch zu corporate governance-Themen Stellung genommen. Im Interesse einer verstärkten Transparenz der besuchten Unternehmen haben wir zudem die Gelegenheit genutzt, Fragen zur Geschäftsentwicklung zu stellen und der Verwaltung Anregungen zu geben.Bereits bei diesen drei Hauptversammlungsbesuchen wurde ein breites Themenspektrum zur Geschäftstätigkeit abgedeckt, so beispielsweise Fragen zum Engagement in Ländern mit besonderen Problem wie beispielsweise Brasilien, Griechenland und Großbritannien, den Risiken und Chancen aus der laufenden Digitalisierungswelle und die Einschätzung der Sicherheit von Internet-Transaktionen vor unzulässigen Eingriffen. Zu den Corporate Governance-Themen zählten beispielsweise die Risiken aus einer deutlichen Ausweitung der variablen Gehaltskomponente für ausgewählte Mitarbeiter bei Grenke Leasing, oder die Neuregelung der Vergütung der Mitglieder des Aufsichtsrates bei Wirecard.

VIP (Vereinigung Institutionelle Privatanleger) eV (association of institutional shareholders, association des actionnaires institutionnels), hat sich als konstruktiver, aber kritischer Sachverwalter der Interessen der Aktionäre in Hauptversammlungen etabliert. Im laufenden Jahr hat VIP als führende europäische Corporate Governance-Organisation allein in den 114 bisher besuchten europäischen Hauptversammlungen ein Volumen von rund 14-15 Mrd. an Aktienkapital (AUV – Assets Under Voting) vertreten. Diese Zahl unterstreicht die Qualität der geleisteten Arbeit und bestätigt den Anspruch der Positionierung als die Stimme für die verantwortliche, nachhaltige Aktionäre.

VIP, 20. Juni 2016

Fazit:

Das Instrument der Stimmrechtsnutzung ist mit nicht zu unterschätzendem Verwaltungsaufwand verbunden und setzt ein ordentliches Maß an Sachkenntnis und Erfahrung voraus. Vor diesem Hintergrund ist es für das GOOD GROWTH INSTITUT schon als Erfolg zu werten, überhaupt bei einzelnen Hauptversammlungen eine aktive Vertretung der Stimmrechte realisiert zu haben. Von einer systematischen Stimmrechtsnutzung ist man angesichts der logistischen Herausforderungen noch ziemlich weit entfernt. Wir bleiben an dem Thema dran und suchen über unser Netzwerk weiter nach kostengünstigen und klugen Lösungen für dieses Thema.

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